125 Jahre öffentliche Wasserversorgung Walkersbrunn

125 Jahre öffentliche Wasserversorgung Walkersbrunn

1890 faßte die Walkersbrunner Dorfgemeinschaft die in der Nähe von Rangen/Schlichenreuth liegende Mürthenbrunnenquelle. Ihr Wasser wurde im natürlichen Gefälle über eine in Hand- und Spanndiensten neu verlegte gußeiserne Rohrleitung von ca 4,5 km Länge auf 11 Brunnentröge im ganzen Ort verteilt. Diese Ortsbrunnen liefen Tag und Nacht, sodaß sich jeder der etwa 300 Walkersbrunner das frische Quellwasser jederzeit und in unbegrenzter Menge von dort holen konnte.

Bis zum Endes des 2. Weltkrieges 1945 wurden die meisten der Häuser im Ort an diese Grundleitung angeschlossen, aber noch heute gibt es in Walkersbrunn Leute, die bis etwa 1948 ihren täglichen Trinkwasserbedarf aus einem dieser Trogbrunnen decken mußten.

1960 ließ die damalige Gemeinde Walkersbrunn an der Straße nach Kasberg einen Hochbehälter mit zwei Kammern zu je 100 cbm Fassungsvermögen so anlegen, daß sich die Kammern von der Mürthenbrunnenquelle im natürlichen Gefälle ununterbrochen und ohne zusätzlichem Maschinen- und Energieaufwand selbst befüllen konnten. Die Fassung der Mürthenbrunnenquelle wurde erneuert. Die Zuleitung zum Hochbehälter wurde von einem bestimmten Punkt in der Nennweite 80 mm als Kunststoffleitung verlegt, das gußeiserne Ortsnetz teilweise mit Kunststoffrohren NW 120 saniert und jedes bewohnte Anwesen an diese Leitung angeschlossen .

Die Mürthenbrunnenquelle speist sich aus Niederschlägen in einem unbebauten Gebiet unterhalb des Doggerhorizontes. Sie reagiert mit einem rund dreimonatigen Zeitverzug auf die jeweiligen Niederschläge im (großflächigen) Quellgebiet. Vorteil: im Sommer gab es immer ausreichend Wasser bester Qualität. Die Quelleistung wurde und wird aber nur zu gut einem Drittel genutzt. Im Jahresdurchschnitt der letzten 25 Jahre sind ab Hochbehälter durchschnittlich zwischen 135 cbm/t und 204 cbm/t Trinkwasser nutzbar . Der niedrigste Zulauf am Hochbehälter lag bei 68 cbm/T, der höchste bei 267 cbm/t. Der Trinkwasserverbrauch des Ortes lag in dieser Zeit durchschnittlich 48 cbm/t- 68 cbm/t, der niedrigste Verbrauchswert war 33 cbm/t der höchste 99 cbm/t. Das ergab einen bis auf die Herbstmonate stattlichen täglichen Wasserüberschuß, den die Dorfgemeinschaft zur Speisung ihres bekannten letzten Ortsbrunnen der Wasserversorgung von 1895 (-1948) rund um die Uhr nutzte. 

Das Wasser des Walkersbrunner Ortsbrunnens an der Kasberger Straße war so beliebt, daß viele Besucher der Fränkischen Schweiz „am Brunna vo Weikerschbrunn“anhielten und „Wasser für den „Tee Daheim“ abzapften. 
Auch für den Walkersbrunner Wasserwart Gerhard Schmidt, der in den letzten Jahrzehnten fast jeden der 365 Tage eines Jahres den Trinkwasserzustand im Walkersbrunner Hochbehälter prüfte und protokollierte, war es ein Alarmzeichen, wenn der aus dem Überlauf des Hochbehälters gespeiste Walkersbrunner Ortsbrunnen einmal nicht lief. In den meisten Fällen wurde so ein Bruch im örtlichen Trinkwasserversorgungsnetz signalisiert. Damit und mit der Trinkwasserreserve von 200cbm/t in zwei Kammern führte seit 1960 kein Rohbruch zu einem Wassernotstand ! 

Auch die Dorfgemeinschaft von heute meint, diese ökologische Strukturgebung der Walkersbrunner öffentlichen Trinkwasserversorgung 1890 in der Ausführung von 1960 war eine ganz tolle Leistung unserer Altvorderen noch dazu, wenn man bedenkt, daß sie das zu einem kostendeckendenPreis -all inclusive- von knapp 0,38 Euro je 1 cbm Trinkwasser für Walkersbrunner Endverbraucher bis 2006, also für 30 Jahre Eingemeindung nach Gräfenberg sicherstellten.

Möglich machte das § 15 Abs. 1 des Eingemeindungsvertrages Walkersbrunn-Gräfenberg vom 10.12.1975, der in Verbindung mit der Entscheidung der Regierung von Oberfranken vorgab, die Walkersbrunner Trinkwasserversorgung bleibt solange eigenständig, bis sie physikalisch mit der Gräfenberger Trinkwasserversorgung verbunden ist und die Stadt darf den Nutzern der Anlage nur den Preis in Rechnung stellen, der unabweisbar zur Kostendeckung erforderlich ist.

Ende 2004 entschied die Stadt Gräfenberg die Wasserversorgungsanlage Walkersbrunn von 1895/1960 schnellstmöglich mit der im Sanierungsbau befindlichen Gräfenberger Wasserversorgungsanlage zu verbinden, um das Walkersbrunner Überschußwasser dort zu nutzen. Die Baumaßnahme sollte 2007 abgeschlossen sein. Danach würden alle Walkersbrunner nur mit dem modern aufbereiteten Wasser ihrer Mürthenbrunnenquelle versorgt werden –auch der Ortsbrunnen.

Die sanierte Quellfassung im Jahr 2007
Die sanierte Quellfassung im Jahr 2007
Hochbehälter 2015 Nur restliche Erdarbeiten stehen noch an.
Hochbehälter 2015 Nur restliche Erdarbeiten stehen noch an.

Anfang November 2015, also 10 Jahre nach Beginn der Trinkwasserbaumaßnahmen in Walkersbrunn, teilte Bürgermeister Hans-Jürgen Nekolla mit: alle Haushalte des Stadtteils Walkersbrunn würden ab sofort wieder nur noch mit Mürthenbrunnenwasser versorgt und auch der Dorfbrunnen würde wieder laufen – ökologisch sinnvoll mit dem „Filterspülwasser“ der neuen Walkersbrunner Trinkwasseraufbereitungsanlage im alten Hochbehälter.

Zu Ostern 2016 könne der tradierte Dorfbrunnen wieder als bekannter Osterbrunnen der fränkischen Schweiz geschmückt werden. Im Rahmen eines Tages der offenen Tür könne auch der umgebaute Walkersbrunner Trinkwasserhochbehälter besichtigt werden. Das für 2015 geplante Fest 125 Jahre öffentliche Wasserversorgung in Walkersbrunn könne stattfinden.

Daraufhin lud die Walkersbrunner Dorfgemeinschaft e.V. – wie vor 25 Jahren zu einem ad-hoc Straßenfest 125 Jahre öffentliche Wasserversorgung in Walkersbrunn vor der Jagdscheune in Ortsbrunnennähe zum nächst möglichen Sonntagstermin ein.

125 Jahre öffentliche Wasserversorgung in Walkersbrunn


Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Auch die Vorsehung sah wohl den Termin und den Anlaß als goldrichtig an, denn es herrschte warmes, heiteres Kaiserwetter und fast alle Walkersbrunner schauten beim Straßenfest vorbei und viele blieben sogar bis zur Dunkelheit.

Organisation und Küche der Walkersbrunner mit ihrem Grillmeister Fritz Trautner und den Familien von Altstadtrat Jörg Trummer und Bernd Kühlcke als Logistiker waren perfekt. 

Viele Gespräche wurden über das Thema der Veranstaltung geführt. Eine Bilderschau der vergangenen Trinkwasserbaumaßnahmen in Walkersbrunn am Versorgungscontainer half dabei Am Ortsbrunnen an der Kasberger Straße erörterte man, was spätestens im Frühjahr dort verbessert werden müßte.

Im Gegensatz zur Veranstaltung aus gleichem Anlaß vor 25 Jahren war außer dem Stadtrat Mathias Ebenhack aus Walkersbrunn kein weiterer Repräsentant der Stadt anwesend. Dies wurde bedauert, muß aber wohl der kurzfristigen Festlegung der Veranstaltung geschuldet werden. Ein Schatten trübte die allgemeine Freude, nämlich das Gerücht die Trinkwasserbaumaßnahmen in Walkersbrunn seien so teuer geworden, daß allen Nutzern der neuen Gräfenberger Wasserversorgung neben dem extrem hohen Wasserpreis von derzeit etwas mehr als 2,72 €/cbm jetzt zum Ende des Bauprojektes Neue Wasserversorgung Gräfenberg auch noch eine kräftige Abschlußzahlung ins Haus stünde, woran die Walkersbrunner Schuld sein sollen.

Spätestens am in Aussicht gestelltem Tag der offenen Tür am umgebauten Hochbehälter Walkersbrunn, über den sich insbesondere die Walkersbrunner freuen würden, sollte gesagt werden, was das Jahrhundertprojekt Neue Wasserversorgung Gräfenberg gekostet hat, ob es eine Nachzahlung geben wird und wie lange der hohe Gräfenberger Wasserpreis beibehalten werden muß. Ferner sollte öffentlich auch deutlich gemacht werden, daß die hohen Investitionsausgaben und Betriebskosten der neuen Gräfenberger Wasserversorgung nicht die Folge der Erfüllung des Wunsches der Walkersbrunner Bevölkerung auf Beibehaltung der Trinkwasserversorgung aus ihrer Mürthenbrunnenbrunnenquelle sind.

Auch 2015 dürfte die Erkenntnis von 2004 gelten, daß es betriebswirtschaftlicher Schwachsinn wäre, alles Mürthenbrunnenwasser zunächst in den zentralen Hochbehälter in Kasberg dauerkostenintensiv hoch zu pumpen, um es dann zu großen Teil wieder dorthin abzugeben, wo in den letzten 100 Jahren der gegebene Quelldruck ausreichte, fast einen ganzen Stadtteil ohne zusätzlichen Energieaufwand mit Wasser zu versorgen.

Es sollte klar gemacht werden, daß die hohen Investitions- und Betriebskosten aus der schuldenbedingten, dürftigen Finanzkraft der Stadt, aus den gesetzlichen Vorgaben der modernen Trinkwasseraufbereitung, dem Gebot die Trinkwassermindesstandarts allen Nutzer gleichermaßen zukommen zu lassen sowie der physikalischen Notwendigkeit resultieren, das bisherige Walkersbrunner Überwasser in den zentralen Hochbehälter des Hauptversorgungsgebieten 200 m hochpumpen zu müssen.

Nicht die Walkersbrunner sind die Verursacher des hohen Wasserpreise in Gräfenberg oder ggf. Verursacher einer deftigen Nachzahlung für alle Nutzer der neuen Gräfenberger Wasserversorgung, sondern die 2004 – gegen die 4 Stadträte aus Walkersbrunn – getroffene politische Entscheidung, das Überwasser der Mürthenbrunnenquelle für die eigentliche Gräfenberger Trinkwasserversorgung zu nutzen. Das bedeutete die Aufhebung der bis dato eigenständigen Walkersbrunner Wasserversorgung, die faktische Außerkraftsetzung des § 15 Ab. 1 Eingemeindungsvertrag und zwang die Stadt Gräfenberg dazu, in Walkersbrunn die Wasserversorgung nach den Regeln des 20. Jahrhundert sanieren zu lassen.

Die Wasserfrage bestimmte seit der Eingemeindung wesentlich das Verhältnis des Außenortes Walkersbrunn zum Zentralort Gräfenberg. Das Verhältnis ist nicht schlecht, könnte aber besser sein. Der offizielle Abschluß der Bauarbeiten an der Wasser- und Abwasserinfrastrukur in Walkersbrunn und ein damit verbindbarer Tag der offenen Tür am Walkersbrunner Hochbehälter böte eine Gelegenheit zur weiteren Verbesserung des Verhältnisses. 

Autor
Jörg-Dietrich Schmidt
Walkersbrunn

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